Die Verkettung unglücklicher Umstände oder: NRW17

Politik
Anna Putz / 10.10.2017
(c) pixabay

Es gibt sehr viele Dinge, die besser sind als der Nationalratswahlkampf 2017: zum Beispiel „Despacito“, eine Mittelohrenzündung oder auch die Twilight Saga.

Dieser Wahlkampf ist mehr Theater als Politik und ich hätte wirklich nicht gedacht, dass ich das nach der Bundespräsidentenwahl im Vorjahr sagen werde, jedoch wurde ich eines besseren belehrt.

 

Geduldig wartete ich seit Juni auf die zweite Staffel „Designated Survivor“ (falls ihr die Serie nicht kennt, bitte schaut sie euch unbedingt an!) bis ich ein viel ergiebigeres Politikdrama fand: die österreichische Politik. Also verpasste ich den Start der zweiten Staffel und gab mich dem rot-weiß-rotem Ableger von „Designated Survivor“ hin. Voller Euphorie setzte ich mich also nach der Uni vor meinen Laptop, las unzählige Berichte, Kommentare und Artikel von und über die SpitzenkandidatInnen. Verfolgte, sehr zum Leidwesen meines Freundes, mindestens 23 der insgesamt 52 TV-Konfrontationen und versuchte halbwegs darüber im Bild zu bleiben, wer Kurz diesmal „anpatzte“, warum die FPÖ eigentlich die schrecklichen Huber-Videos publizierte und von wo Peter Pilz eigentlich seinen Dr. rer. soc. oec. Titel her hat. Die Medien, egal ob Tageszeitungen oder die öffentlichen/privaten TV-Sender, sind die einzigen die von der absurden Schlammschlacht der letzten Wochen profitierten. Und Peter Filzmaier, der sich dank der Wahlkämpfe der letzten zwei Jahre, ein schönes Büro am Küniglberg einrichten und in jeder zweiten ZIB 2 über Irrtumswahrscheinlichkeiten philosophieren durfte.  Den traurigen Höhepunkt des Trauerspiels erreichten wir mit der Tal Silberstein Affäre – SPÖ und ÖVP können nun endlich das tun, was sie eigentlich schon immer wollten: sich gegenseitig verklagen. Eine Woche vor dem Wahltag. Das Ganze hätte sich so auch in einem schlechten Politthriller zutragen können, aber bitte. Wer also ein Faible für Drama und Intrige hat, kam bei diesem Wahlkampf also auf seine Kosten.

 

Und trotzdem ist es wichtig sich vor Augen zu halten, dass die Entscheidung, die wir am 15. Oktober treffen dürfen, eine wichtige ist. Eine, die maßgebend dafür ist, was in den nächsten Jahren in unserem Land passiert. Eine, die entscheidet, für welche Werte wir in der näheren Zukunft stehen. Eine, die entscheidet, in welcher Art von Gesellschaft wir leben möchten. Ja – der Wahlkampf war nicht wirklich Wahlkampf sondern eher eine Verkettung unglücklicher Umstände. Politikverdrossenheit darf aber nicht unsere Antwort darauf sein. Gerade in Zeiten wie diesen sollten wir uns für diejenigen entscheiden, die nicht versuchen einfache Antworten auf komplexe Fragen zu finden. Wir sollten uns für Besonnenheit entscheiden, nicht für Angst. Damit die Gesellschaft genauso vielfältig, bunt und aufgeschlossen ist, wie sie es sein sollte.

 

Alle Interviews der Youth Reporter mit den SpitzenkandidatInnen der Nationalratswahl 2017 findet ihr auf dem Jugendinfo Youtube-Channel

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 23.04.2024 bearbeitet.

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