Ein rot-weiß-rotes Sommermärchen

Kultur & Events
Lisa Alzner / 01.08.2017
(c) Viki Pinther

„Wir sind im Halbfinale oder?“, alle paar Stunden stellt eine andere Spielerin die Frage. Sie vergewissern sich immer wieder, dass sie nicht träumen. Doch, wenn es kein Traum ist, was ist es dann? Realisieren kann es niemand. Ein rot-weiß-rotes Sommermärchen. Das österreichische Frauennationalteam schreibt Fußballgeschichte, und ganz große noch dazu! Nach einem siegreichen 5:3 Elfmeterkrimi im Viertelfinale gegen Spanien am vergangenen Sonntag steht das Team rund um Teamchef Dominik Thalhammer im Halbfinale der Frauen-Fußballeuropameisterschaft in den Niederlanden. Die Sensation, sie ist gigantisch. „Wir können einfach alle miteinander nicht glauben, dass wir unter den besten vier Nationen sind“, strahlt Viktoria Pinther, Stürmerin, Absolventin des Nationalen Zentrums für Frauenfußball und aktuelle SKN St. Pölten-Spielerin im Interview, „es ist einfach ein Wahnsinn!“

Wir sind im Halbfinale, oder? Erstmalig bei einer Endrunde vertreten und als ganz klarer Underdog angereist, stellen die österreichischen Frauen die EM auf den Kopf.  „Jeder Punkt ist ein Erfolg“, lautete die Devise im ÖFB-Team vor der EURO. „Wir haben nichts zu verlieren. Unser Ziel ist es, gut Fußball zu spielen und dann werden wir sehen, was alles möglich ist“, erklärte die österreichische Mittelfeldspielerin Sarah Zadrazil eine Woche vor dem EM-Auftakt gegen die Schweiz im Interview. Was alles möglich ist, zeigten die Mädels bereits in der Gruppenphase. Mit zwei Siegen gegen die Schweiz und Island und einem Unentschieden gegen den Weltranglistendritten Frankreich zog das ÖFB-Team als Gruppensieger mit sieben Punkten ins Viertelfinale ein.

 

(c) Lisa Alzner

 

Dort wartete am vergangen Sonntag, 30.7.2017 mit Spanien die Nummer 13 der FIFA- Weltrangliste. „Auch vor diesem Spiel haben wir unsere Lockerheit nicht verloren und uns gesagt, dass wir nichts zu verlieren haben“, schildert Viktoria Pinther. „Es war ein schweres Spiel. Spanien hatte sehr viel Ballbesitz, aber es ist uns gelungen, kaum Chancen zuzulassen. Vor allem defensiv haben wir super gearbeitet und ja, das Ergebnis ist natürlich noch besser!“, beschreibt die Stürmerin. Nach vor allem kämpferisch herausragenden 120 Minuten stand es nach wie vor 0:0 und somit fiel die Entscheidung im EM-Viertelfinale vom Elfmeterpunkt.

Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch Zweifel an der mentalen Stärke der österreichischen Mannschaft hatte, wurde spätestens durch diesen Elferkrimi von der unglaublichen Coolness der österreichischen Fußballfrauen überzeugt. Laura Feiersinger und Nina Burger verwandelten souverän, doch auch die ersten beiden Spanierinnen trafen. Verena Aschauer erhöhte auf 3:2 für Österreich, ehe die heimische Keeperin Manuela Zinsberger den dritten Elfmeter des spanischen Teams abwehren konnte. Es blieb also beim 3:2. Schließlich machte sich die erst 18-jährige Viki Pinther auf den Weg zum Elfmeterpunkt. „Am Anfang ist mir schon kurz durch den Kopf gegangen, wie viele Zuschauer im Stadion und vor dem Fernseher mir gerade zuschauen. Wie ich da alleine aufs Tor zugegangen bin, war ich schon ein bisschen nervös“, beschreibt die Stürmerin, „aber als ich mir den Ball dann hingelegt habe, wollt ich ihn einfach nur reinhauen! Da hab ich nicht mehr gemerkt, wie viele Leute zuschauen, alles weg, ich weiß auch nicht, warum!“ Und dann zappelte der Ball im Netz und es stand 4:2 für Österreich. „Innerlich pure Eskalation, Gänsehaut, diesen Moment werde ich in meinem ganzen Leben nicht mehr vergessen“, strahlt Viki Pinther. Die Spanierin nach ihr verwandelte und verkürzte somit auf 4:3. Sarah Puntigam war es also, die als letzte österreichische Schützin den Sack zumachen konnte. Auch sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und verwandelte sicher. „Noch mehr Eskalation! Diesen Moment kann man nicht in Worte fassen, wir glauben bis jetzt nicht, dass das wirklich passiert ist!“, schwärmt Viktoria Pinther.

 

(c) Viki Pinther

 

Wir sind im Halbfinale, oder? Showdown ist am Donnerstag, 3.8.17 gegen das Team aus Dänemark, das im Viertelfinale den Titelfavoriten Deutschland mit 2:1 aus dem Turnier werfen konnte. Das letzte Zusammentreffen zwischen Österreich und Dänemark liegt gerade einmal ein Monat zurück und war das letzte Freundschaftsspiel der Österreicherinnen vor der EURO, die Generalprobe, welche mit 4:2 gewonnen werden konnte. „Wir werden die Däninnen auf gar keinen Fall unterschätzen, weil das ist jetzt eine komplett andere Situation als vor ein paar Wochen“, schildert Viki Pinther, „sicher wollen wir jetzt ins Finale, aber wir werden auch in dieses Spiel mit der gleichen Einstellung und Lockerheit beschreiten wie die Spiele zuvor. Wir haben schon viel mehr erreicht, als wir uns alle erträumt haben, alles was jetzt noch kommt, ist Draufgabe!“

Wir sind im Halbfinale, oder? Ein Hype geht durch die Nation. Österreich schaut nach Holland. Österreich schaut auf Frauenfußball. Österreich schaut auf unsere Frauen. Wir sind im Halbfinale. Ein rot-weiß-rotes Sommermärchen. And the story goes on…

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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