Reden wir über Männlichkeit

Leben
Mona Harfmann / 17.01.2019
Gilette Werbespot

Bestimmt habt ihr ihn mittlerweile auch gesehen, den neuen Werbespot von dem Rasierzubehörhersteller Gillette. Wenn ja, dann seid ihr einer von 1,4 Millionen Aufrufen innerhalb von nur zwei Tagen, womöglich einer von 385.000 Likes oder starken 800.000 Dislikes. Ohne Zweifel, Gillette ist damit ein marketingtechnisch einwandfreier Coup gelungen, denn egal ob gut oder schlecht: Der Clip polarisiert.

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Unter dem Titel „The best men can be“ sieht man Männer im Alltag – manche, die sich gut verhalten, manche, die sich schlecht verhalten, wie das eben so ist. Einer ruft einer Frau etwas hinterher, ein anderer bittet ihn, dies in Zukunft zu unterlassen. Einer ermuntert seine Tochter, stark zu sein, ein anderer belächelt eine Frau am Arbeitsplatz. Die Botschaft dahinter: Es gibt Männer, die sich richtig verhalten. Und es gibt Männer, die sich nicht richtig verhalten. Gillette als Marke repräsentiert erstere, und glaubt daran, dass Männlichkeit mehr auszeichnet als stereotypes Frauen-Hinterherstarren, kämpfen und unbedingt und in jeder Situation stark zu sein.

„Attacke auf die Maskulinität“

In die Kommentar-Section dieses Videos sollte man sich wohl nur trauen, wenn man gerade einen guten Tag hatte und in seinem Glauben an das Gute in Mann und Frau ziemlich unerschütterlich aufgestellt ist. Ansonsten könnte man schnell frustriert werden:

„Gillette just lost me as a customer. Stick to making razors, we dont need you as our moral compass”, schreibt einer.

 

“Fighting toxic masculinity with toxic feminism! Well done. You have lost a customer. Now do a similar one for your Venus line of women's razors. I dare you!“ ein anderer.

 

 Und schließlich, als ich kurz davor war, meinen Laptop wutentbrannt zuzuklappen, bin ich auf folgendes gestoßen:

„I admire the goal of self-improvement, but the goal here isn’t: ‚Strive to be better’. It’s closer to: ‚It’s wrong to be masculine’.“  

 

Aber an welcher Stelle hat der Clip das jemals gesagt?

Was bedeutet es, männlich zu sein?

Liebe Männer da draußen, die ihr euch von einem Werbeclip angeprangert fühlt, der respektvollen Umgang und das Beste im Mann fördern möchte: Warum fühlt ihr euch persönlich davon angegriffen, dass mehr in euch gesehen wird als das Zuschaustellen „toxischer Männlichkeit“? Warum denkt ihr, Männlichkeit definiere sich nur dadurch, sexualisiert zu denken und zu handeln, Mobbing nicht zu verhindern und Frauen am Arbeitsplatz schlecht zu machen?
Das seid ihr doch nicht. Und wenn ihr das sein wollt, dann verkauft ihr euch unter eurem Wert.

Ich weiß nicht, ob es richtig ist, sich mit diesen Fragen an ein ganzes Geschlecht zu wenden. Das pauschalisiert und fördert die „Mann versus Frau“-Rhetorik, die nach #MeToo so oft zum Einsatz kam, indem die Debatte für Respekt, Menschlichkeit und Verständnis zu einem scheinbaren Geschlechterkampf ausgeartet ist.

Aber wenn Männer zum Boykott der Marke an Männer, für Männer wegen falscher Darstellung von Männern aufrufen, dann scheint mir das die einzig richtige Vorgehensweise zu sein.

Männlich sein – was ist das? Wie entsteht sie, diese Männlichkeit? Wird sie vorgelebt durch Väter und Großväter und deren Großväter, sind das bloß gesellschaftlich tradierte Normen und Verhaltensmuster oder ist das ein biologisches, evolutionsbedingtes Denken, dass sich, komme was wolle, nicht abändern lässt?

Die Wahrheit ist wahrscheinlich wie so oft eine Mischung aus allem. Aber, das bedeutet doch auch gleichzeitig: Wie Männer sich nun verhalten sollen, darauf findet man durch diese Überlegungen keine klare Antwort.

Wie Männer sich zu verhalten haben, das soll jeder Mann für sich selbst entscheiden, und wenn die Antwort für ihn lautet: Unabhängig von jedem Geschlecht gehe ich respektvoll mit meinen Mitmenschen um, dann ist er vermutlich am richtigen Weg.

Liebe Männer, ich glaube auch, dass ihr viel mehr seid als das, was in diesem Video angeprangert wird.

Die Werte, die wir mit Maskulinität verbinden, sind nicht gottgegeben oder natürlich. Männer wie Frauen sollten gemeinsam gegen die Stereotype ankämpfen, die von dem „gesellschaftlich akzeptablen Mann“ seit so vielen Jahren gepflegt wurden, und ihren Söhnen, Vätern und Brüdern zeigen: Es ist nicht wichtig, männlich zu sein. Es ist wichtig, moralisch richtig zu agieren.

Und wenn das eines Tages synonym verwendet werden kann, dann hat die #MeToo-Debatte genau das erreicht, was sie ursprünglich erreichen wollte.

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 17.04.2024 bearbeitet.

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