Um die Pressfreiheit steht es schlecht

Politik
Sarah Maly / 07.05.2019
Presserfreiheit

Anlässlich des Internationalen Tages der Pressfreiheit (World Press Freedom Day), der jährlich seit 1994 am 3. Mai stattfindet und von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) initiiert wurde, wird nachfolgend näher auf diesen Tag, Reporter ohne Grenzen und vor allem die aktuelle Situation sowohl in Österreich als auch in Europa und der Welt eingegangen.

Das Ziel des Welttages der Pressefreiheit ist es, den aktuellen Status quo zu bewerten sowie auf den Schutz der Pressefreiheit aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren. Des Weiteren ist es ein Gedenktag für JournalistInnen, die ihr Leben bei der Ausübung ihrer Arbeit gelassen haben und ebenso soll dieser Tag zu Diskussionen anregen. Die Pressfreiheit dient als eine der Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Demokratie, da sie zur öffentlichen Kontrolle und freien Meinungsbildung beiträgt.

Reporter ohne Grenzen – Der Kampf um die Pressfreiheit

Reporter ohne Grenzen oder auch Reporters sans frontières (ROG) mit Sitz in Paris wurde 1985 gegründet.  Die regierungsunabhängige Menschenrechtsorganisation hat es sich zur Aufgabe gemacht die Informationsfreiheit zu fördern und zu verteidigen und sich gegen Zensur einzusetzen, da laut ROG fast die Hälfte der Weltbevölkerung keinen Zugang zu freier Berichterstattung hat. Die Organisation Reporter ohne Grenzen bezieht sich dabei auch auf Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR, Universal Declaration of Human Rights) der UNO von 1948, die Folgendes besagt:

Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“

Die AEMR ist kein juristisch verbindliches Dokument, jedoch kommt ihr aus politischer und moralischer Sicht ein großes Gewicht zu.

Seit 2002 erstellt ROG jährlich eine Rangliste der Pressefreiheit, welche die Situation von JournalistInnen, zivilen BürgerreporterInnen und Medienhäusern in 180 Ländern erfasst, jedoch nichts über die Qualität aussagt. Erstellt wird die Rangliste durch einen Fragebogen mit 117 Fragen in 7 Kategorien, der an ExpertInnen weltweit ausgeschickt wird und woraus sich ein Punktewert von 0 bis 100 ergibt. Der aktuelle Indexwert von 2019 bezieht sich auf das gesamte Kalenderjahr 2018.

Pressefreiheit in Österreich: Deutliche Verschlechterung und akute Gefahr

Die erst kürzlich veröffentlichte Rangliste für das Jahr 2019 zeigt, dass sich die Situation in Österreich erheblich verschärft hat. Österreich ist von Platz 11 auf Platz 16 abgerutscht und hat sich im Score insgesamt um 1,29 Punkte verschlechtert. Bislang war Österreich trotz sehr hoher Inseratendichte, Aufrechterhaltung des Amtsgeheimnisses und des weiters verschleppten transparenten Informationsgesetztes immer im „guten“ (weißen) Bereich gelegen, der bis 15 Punkte gilt. Mit 15,33 Punkten ist Österreich nun erstmals in den Bereich „ausreichend“ (gelb) abgerutscht.

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Der Hauptgrund dafür sind Angriffe der Politik auf JournalistInnen und gegen Medien, die vor allem seit der Koalition zwischen ÖVP und FPÖ angestiegen sind. Beispiele dafür sind der Angriff von Vizekanzler Heinz-Christian Strache in Form eines Facebookpostings („Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden“) auf Armin Wolf und den ORF oder eine E-Mail von Innenminister Herbert Kickl an die Polizei mit der Weisung die Kommunikation mit kritischen Medien, die namentlich genannt wurden, „auf das nötigste Maß beschränkt“ zu halten. Allerdings gibt es bereits viel aktuellere Beispiele von Attacken der FPÖ, vor allem gegen ORF-Journalisten Armin Wolf nach dem Interview in der ZIB 2 mit Harald Vilimsky, dem FPÖ Spitzenkandidaten für die Europawahl. Auch die deutsche Nachrichtenseite Spiegel Online berichtet in einem Artikel über die derzeitigen Vorfälle in Österreich und kommt zu folgender Feststellung: „Die Pressefreiheit in Österreich ist in Gefahr.“ Und auch in anderen Medien aus deutschsprachigen Ländern wurde darauf reagiert, wie die Tageszeitung Die Presse zusammengefasst hat.

Negative Entwicklung auch in Europa

Europa gehört zu jenen Regionen, in denen sich die Pressefreiheit am meisten verschlechtert hat. Medienschaffende arbeiten zunehmend in einem Klima der Angst, vor allem in Ländern, wo sie sich zuvor vergleichsweise sicher fühlen konnten. Belegt werden kann dies durch die Tatsache, dass Deutschland sich in der Rangliste trotz erhöhter tätlicher Übergriffe auf JournalistInnen verbessern konnte, jedoch nicht weil die Situation im eigenen Land besser wurde, sondern weil sie in anderen Ländern, zum Beispiel Österreich, erheblich schlechter wurde. Besonders Besorgnis erregend sind Erkenntnisse wohin der Trend in Europa geht, aufzeigt durch die in London ansässige non-profit Organisation Index on Censorship. In 35 Ländern im europäischen Raum wurden von Mai 2014 bis Juli 2018 über 3000 Zwischenfälle hinsichtlich der Pressefreiheit registriert.

Besonders in den letzten beiden Jahren wurde deutlich, dass kritischer Journalismus auch Mitten in Europa JournalistInnen das Leben kosten kann. Daphne Caruana Galizia aus Malta und der Slowake Jan Kuciak widmeten sich in ihren Heimatländern der Berichterstattung über Politik und Korruption, weshalb sie den Tod fanden. In einer Dokumentation des Westdeutschen Rundfunks (WDR) werden ihre bisherigen Rechercheerkenntnisse und der Weg bis zu ihrer Ermordung festgehalten. Dennoch sind dies nicht die einzigen journalistischen Todesfälle in Europa in naher Vergangenheit.

Die globale Sicht ist auch nicht besser

Laut Reporter ohne Grenzen hat sich die Pressefreiheit weltweit im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozent verschlechtert, seit 2014 allerdings um 11 Prozent. 2018 wurden insgesamt 80 JournalistInnen getötet, bei denen Reporter ohne Grenzen nachweisen konnte, dass der Tod in direktem Zusammenhang mit einer journalistischen Tätigkeit steht. Innerhalb der letzten zehn Jahre waren es 702. Zudem wurden 2018 zusammen 348 JournalistInnen gefangen gehalten, mehr als die Hälfte in lediglich fünf Ländern, nämlich China, Ägypten, Türkei, Iran und Saudi-Arabien. Trauriger Höhepunkt war die grausame Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi am 2. Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul. 2019 sind bislang 8 JournalistInnen in Zusammenhang mit ihrer Arbeit umgekommen.

Seit dem Jahr 1997 vergibt die UNESCO jährlich den Guillermo Cano World Press Freedom Prize an Personen, Organisationen oder Institutionen, welche einen hervorragenden Beitrag zur Förderung beziehungsweise Verteidigung der Pressefreiheit geleistet haben, insbesondere in gefährlichen Situationen. In diesem Jahr geht der Preis an die beiden seit 2017 in Myanmar inhaftierten Journalisten Wa Lone und Kyaw Soe Oo. Ihre Berichterstattung rund um zehn außergerichtlich hingerichtete Angehörige der muslimischen Rohingya-Minderheit wurde mit sieben Jahren Haft wegen Landesverrates geahndet. Der Preis ist benannt nach dem kolumbianischen Journalisten Guillermo Cano Isaza, der am 17. Dezember 1987 in Bogotá vor dem Gebäude seiner Zeitung El Espectador ermordet wurde, auf Grund seiner bekennenden Haltung gegen die Drogenmafia.

Als abschließender Hinweis wie es aktuell genau um die Pressfreiheit bestellt ist: Reporter ohne Grenzen bietet einen farblich gestalteten graphischen Überblick mit Detailinformationen zur Pressfreiheit für jedes Land und ein aktuelles Barometer, welches in diesem Jahr inhaftierte oder getötete MitarbeiterInnen der Medienbranche erfasst.

Quellen

Europarat: Tag der Pressefreiheit

The National Press Club: Prize

Reporter ohne Grenzen: Pressefreiheit

UN: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Die Presse: Vizekanzler entschuldigt sich bei Armin Wolf

Reporter ohne Grenzen: Medienkontrolle

Die Welt: Mehr als 3000 Übergriffe auf Journalisten in Europa

Die Zeit: Inhaftierte Journalisten

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 23.04.2024 bearbeitet.

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