Warum ich Angst vor dem Christkind hatte – eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

Leben
Mona Harfmann / 13.12.2016
(c) pixabay

Die Mythen, die sich um das Christkind ranken, sind zahlreich und märchenhaft schön. Für mich war besonders das Aussehen des Christkinds immer ein Thema für sich – und ich erinnere mich noch heute genau an jenen 23. Dezember vor etwas mehr als zehn Jahren, als sich meine Meinung über das Christkind für immer ändern sollte.

 

„Mama, wie sieht das Christkind denn eigentlich aus?“

Das war die Frage, mit der alles begann. Meine Mutter, die gerade damit beschäftigt war, das Weihnachtsmahl zuzubereiten, überlegte eine Sekunde: „Es hat weiße Haare! Und trägt ein weißes Kleid und hat Flügel.“
„Was“, erkundigte ich mich verwirrt, „aber Jesus hatte doch braune Haare!“
„Das weiß man nicht sicher.“
„Aber warum trägt er ein Kleid und keine Hose?“ Ich war nun vollends verwirrt, doch meine Mutter schob gerade die Weihnachtsgans ins Backrohr und hatte mich wohl gar nicht gehört, weshalb ich schmollend in mein Zimmer verschwand.
 
 

Besuch vom Christkind

Am Abend ließ mir der Gedanke ans Christkind immer noch keine Ruhe. Es beunruhigte mich, dass ich plötzlich keine Ahnung mehr hatte, wie dieses Wesen nun aussah. Verzweifelt stand ich also auf und tapste zum Fenster, um am Himmel Ausschau nach der neuartigen Bedrohung zu halten. Zu meinem Entsetzen musste ich jedoch feststellen, dass etwas auf dem Fensterbrett lag – eine weiße Locke! Mit angstgeweiteten Augen starrte ich den Fremdkörper vor dem Fenster an und wagte nicht, ihn auch nur anzufassen. Anstatt erfreut zu reagieren, wie es vermutlich jedes andere Kind gemacht hätte, sprintete ich zurück zum Bett, zog mir die Decke bis unter die Nasenspitze und beobachtete argwöhnisch den Raum. Wo versteckte es sich, das Christkind? Vielleicht im Kasten? Und was hatte es überhaupt in meinem Zimmer zu suchen?
 
Plötzlich ging die Tür auf, und ich unterdrückte einen Schrei. Es war zum Glück nur mein Vater, der mich efreut darüber informierte, dass das Christkind gerade am Haus vorbeigeflattert sei. Sein zufriedenes Grinsen erlosch jedoch, als ich hemmungslos zu schluchzen begann.
„Was ist denn los?“
„Ich habe Angst“, brachte ich hervor.
„Vor was denn?“
Anklagend streckte ich ihm die silberne Locke entgegen.
„Aber Mona, das ist doch toll – zu braven Kindern kommt das Christkind eben oft!“
 
Und das ist die Geschichte, wie es dazu kam, dass ich jahrelang jedes Weihnachten im Wohnzimmer schlief – aber, das müsst ihr zugeben – ein bisschen unheimlich ist das ganze ja wirklich!

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Jugendportal.at wurde zuletzt am 23.04.2024 bearbeitet.

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